Anorexie und Bulimie

Ein schlankes Schönheitsideal und eine übermäßige Beschäftigung mit dem eigenen Körper sind in unserer Gesellschaft stark ausgeprägt. Etwa 30% der 10-Jährigen hat schon Diäterfahrungen, 56% der Jugendlichen wäre gerne dünner. 

Störungen des Essverhaltens können vor Allem bei jungen Frauen beobachtet werden, aber auch immer mehr Männer sind ständig unzufrieden mit ihrem Körper. Aus der Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper und den damit einhergehenden Diätversuchen entsteht in vielen Fällen eine klinisch relevante Essstörung. Die beiden geläufigsten Essstörungen sind die Anorexia nervosa, bei der eine oft lebensbedrohliche Gewichtsabnahme durch eine strenge Reduktion der Kalorienaufnahme und/oder exzessivem Sport erreicht wird: 

 

Beschreibung der Merkmale, die bei Anorexia Nervosa vorkommen:

  • Starker Gewichtsverlust, bis hin zur lebensbedrohlichen Unterernährung
  • ständige gedankliche Beschäftigung mit (Nicht-) Essen
  • Panische Angst vor Gewichtszunahme
  • Verzerrte Körperwahrnehmung, sich dick fühlen
  • Starke Reduktion der Kalorienaufnahme
  • kleinste Mahlzeiten
  • spezifische Essrituale
  • seltsame Verhaltensweisen im Umgang mit Nahrung (Essen verkrümeln, Zwangsrituale, extrem langsam essen, etc)
  • exzessives Sporteln 
  • geringe Körperwärme, niedriger Blutdruck, geringer Puls
  • Ausbleiben der Regelblutung
  • Teilweise Erbrechen, Missbrauch von Abführmitteln
  • oft lange Zeit keine Krankheitseinsicht und Verleugnung
  • Beschäftigung mit Rezepten, Kochen und Backen für andere
  • starkes Leistungsdenken z.B. in Schule, Studium oder Beruf
  • Perfektionismus

Eine weitere häufig Auftretende Essstörung ist die Bulimia Nervosa, bei der sich Essanfälle mit Erleben von Kontrollverlust mit darauf folgendem erbrechen abwechseln.

 

Beschreibung der Merkmale, die bei Bulimia Nervosa auftreten:

  • stark gezügeltes Essverhalten
  • übermäßige gedankliche Beschäftigung mit (Nicht-) Essen
  • übermäßige gedankliche Beschäftigung mit dem eigenen Körpergewicht
  • strikte innere Regeln in Bezug auf die Nahrungsaufnahme
  • Essanfälle mit hoher Kalorienzufuhr, unmittelbar danach Erbrechen
  • Missbrauch von Abführmitteln
  • Exzessive körperliche Aktivität, um Kalorienaufnahme auszugleichen
  • hoher Leidensdruck

Sollten Sie glauben, an einer solchen Störung zu leiden, empfehle ich Ihnen dringend, eine verhaltenstherapeutische Behandlung in Anspruch zu nehmen. In einer Verhaltenstherapie lernen Sie erst, die emotionalen und gedanklichen Zusammenhänge zu beobachten und zu verstehen, die zu dieser Störung geführt haben und sie weiter aufrechterhalten. Infolgedessen planen wir gemeinsam kleine Verhaltensexperimente und bauen schrittweise Veränderungen auf, um die Symptomatik zu reduzieren. Gleichzeitig arbeiten wir an den Themen Selbstwert und Körperbild und erarbeiten neue Strategien für den Umgang mit Stress und emotionalen Belastungen.

Binge-Eating-Disorder

Essen ist eine lebensnotwendige, alltägliche und oft auch soziale Aktivität. In der westlichen Welt ist Essen kein Problem der Verfügbarkeit, vielmehr müssen wir uns die Frage stellen, was wo und wieviel wir essen. Das Thema Essen gerät heute auch immer mehr zu einem gesellschaftlichen Thema. Wir hören andauernd von neuen Food-Trends, Diäten, Ernährungsmythen und erhalten von allen Seiten Ratschläge zu ausgewogener und gesunder Ernährung. Auch die Themen Figur und Fitness sind allgegenwärtig und nehmen teilweise beinahe kultartige Ausmaße an. 

Unsere Ernährungs- und Essgewohnheiten unterliegen vielfältigen Einflüssen und Lernprozessen. Schon als Kind lernen wir, am Modell unserer Familie, mit Essen auf eine bestimmte Art und Weise umzugehen. Auch im späteren leben werden zum Thema Essen und Bewegung immer wieder neue Lernerfahrungen gemacht. Diese Erfahrungen können das Essverhalten in einen komplexen Zusammenhang mit Gefühlen und gedanklichen Abläufen bringen.

 

Bei manchen Menschen entwickelt sich das Essverhalten in eine Richtung, die ein krankhaftes Ausmaß annimmt, sodass es zu Leiden und Beeinträchtigung kommt. Ein immer häufiger werdendes Störungsbild ist die so genannte Binge-Eating-Disorder, die durch unkontrollierte Essattacken gekennzeichnet ist. Typische Merkmale einer Binge-Eating-Disorder sind:

  • regelmäßig auftretende Essanfälle
  • Gefühl des Kontrollverlustes
  • Gefühle der Scham, Schuld, Ekel oder Hilflosigkeit
  • Versuche, das Essverhalten zwischen den Essanfällen stark einzuschränken
  • Häufige Diätversuche
  • Hohe gedankliche Beschäftigung mit dem Essen
  • Vermeidung von sozialen Aktivitäten, die mit Essen zusammenhängen

Essverhalten ist immer auch ein erlerntes Verhalten, das prinzipiell veränderbar ist. Genau hier setzt eine verhaltenstherapeutische Behandlung von Essstörungen an. Die Behandlung besteht darin, die Zusammenhänge zwischen den Essanfällen und den dazugehörigen Gedanken und Gefühlen genau zu verstehen, schädliche gedankliche Anteile zu identifizieren und zu entkräften und konkrete Verhaltensänderungen einzuleiten, um die Essanfälle zu reduzieren und schlussendlich ganz zu verhindern.